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Snowman, the Showman

Es war mitten in der Nacht und ich spazierte durch die Straßen von Heidelberg, während weiße Flocken vom Himmel fielen.

Plötzlich stand er vor mir und lächelte mich mit einem etwas undeutbaren Gesichtsausdruck an.

„Hallo“, sagte er. „Ich will keine große Show daraus machen, aber ich habe dir etwas Wichtiges mitzuteilen.“

„Okay.“ sagte ich, „wer in aller Welt bist du und warum kannst du reden?““

„Ohh!“, sagte er und nickte mir mit einem kühlen Blick zu. „Ich werde mich wohl erst einmal vorstellen müssen: Ich bin Snowman, the Showman! Mein Körper besteht aus einer kristallinen Struktur auf Wasserbasis.“ 

„Aha Wasser, eine Gemeinsamkeit.“, bemerkte ich, „aber wo kommst du her?“

„Von dort oben.“, sprach er, während er Richtung Himmel blickte. „Und ich bin gekommen um dir diese Botschaft zu überbringen…“

Ich unterbracht ihn. „Welche Botschaft?“, fragte ich? „Etwa dass die Pilze vom Penny schuld sind und dass meine durch Halluzinogene beeinflussten Hirnzellen mir jetzt einen sprechenden Schneemann vorgaukeln?“

„Haha, du glaubst ich bin eine Illusion? Nein nein, sieh her, ich bin wirklich real.“ 

Er verharrten in seiner Bewegung.

Ich blickte ihn interessiert an, wartete gespannt auf seine Erklärung und auf die Botschaft, die er mir mitteilen wollte, aber er rührte sich nicht wieder. 

„Hey, warum sagst du nichts mehr?“, fragte ich ihn etwas lauter. Ein Mann mit Hund gassierte auf der gegenüberliegenden Straßenseite vorbei und blickte weg, als sich unsere Blicke trafen. Ich wand mich wieder dem Schneemann zu.

„Hey, Showmann, the Snowman, was ziehst du hier für ’ne eiskalte Nummer ab?“, fragte ich jetzt etwas leiser und tat, als telefoniere ich, aber er regte sich nicht mehr. Er sprach kein Wort. Er stand einfach nur da und schwieg. Da es langsam immer kälter wurde und ich nicht noch weitere Passenten auf uns aufmerksam machen wollte, beschloss ich ihn mit nach Hause zu nehmen. Ich packte Ihn bei seiner Beinkugel, achtete darauf, dass er mir nicht aus den Händen rutschte und trug ihn auf meinen Armen hoch durchs Treppenhaus, wohl bedacht, dass er sich nicht auskugelte oder mich jemand von den Hausbewohnern erblickte. Aber alles blieb ruhig. Da unsere Wohnung immer großzügig über dem Gefrierpunkt temperiert ist und im Eisfach auch kein Platz mehr war, stellte ich ihn nach draußen auf den Balkontisch.

Er stand da eiskalt, rührte sich nicht, schwieg immer noch und ich fragte ihn auch nichts mehr. Er würde schon noch sein verflocktes Maul aufmachen, wenn er nur lange genug Zeit hätte, dachte ich. Das ist jetzt zwei Tage her. Er redet immer noch nicht und schiebt ne immer kleiner werdende ruhige Kugel. Und wenn er nicht wieder anfängt zu reden, werde ich wohl nie erfahren, was er mir so Wichtiges sagen wollte.

Frei nach einer wahren Begebenheit 

Veröffentlicht in der Montagsmail vom 23.01.2023